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Multikopter im Rettungsdienst

Luftrettung mit eVTOLs – eine sinnvolle Ergänzung in der künftigen Notfallversorgung

Multikopter im Rettungsdienst

Bereits seit 2018 arbeiten die ADAC Luftrettung und der Fluggerätehersteller Volocopter im Rahmen des weltweit ersten Pilotprojekts gemeinsam an bemannten Multikoptern für den Rettungsdienst. Im künftigen Einsatz dieser elektrisch angetriebenen Fluggeräte als Notarztzubringer sieht die Luftrettungsorganisation ein großes Potenzial, um die notfallmedizinische Versorgung der Bevölkerung weiter zu verbessern und dem vorherrschendem Notarztmangel – besonders im ländlichen Raum – entgegenzuwirken.

Von der Vision zur Realität – die bisherigen Meilensteine im Pilotprojekt

September 2023: erster öffentlicher Flug eines VoloCity

Am 28. September 2023 wird erstmalig ein gelber VoloCity fliegend der Öffentlichkeit vorgestellt. Mit einem Multikopter dieses Typs plant die ADAC Luftrettung voraussichtlich Ende 2024/Anfang 2025 in den Modellregionen Idar-Oberstein (Rheinland-Pfalz) und Dinkelsbühl (Bayern) den Flugbetrieb aufzunehmen – um nach einem mehrjährigen Forschungsbetrieb ärztliches Personal leise, emissionsarm und in kürzester Zeit zum Unfall- bzw. Einsatzort zu bringen.

Der Flug fand im Rahmen einer Netzwerkveranstaltung am Volocopter-Stammsitz im baden-württembergischen Bruchsal statt. Im Beisein von Vertreterinnen und Vertretern der Rettungsdienst- und Luftfahrtbehörden, der beteiligten Regionen und Flugplätze, der Innen- und Verkehrsministerien, von wissenschaftlichen Einrichtungen und Partnern aus dem Projekt, informierten ADAC Luftrettung und Volocopter auch über die aktuellen Entwicklungen und die möglichen Einsatzszenarien von eVTOLs im Rettungsdienst, sowie die nächsten Schritte auf dem Weg zum geplanten Probebetrieb.

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Juli 2023: Vertiefung der Zusammenarbeit mit Volocopter

Die ADAC Luftrettung bestellt zwei Multikopter des Typs VoloCity von Volocopter für ihr Pilotprojekt zum bemannten Einsatz im Rettungsdienst. Den entsprechenden Vertrag unterzeichnen Frédéric Bruder, Geschäftsführer der ADAC Luftrettung gGmbH, und Dirk Hoke, CEO von Volocopter im Rahmen der Paris Air Show. Eine weitere Vereinbarung sieht eine Option für bis zu 150 Multikopter der nächsten Volocopter-Generation vor.

„Mit höheren Reichweiten und Einsatzgeschwindigkeiten sowie deutlich mehr Zuladung der nächsten Multikopter-Generation können wir die Vorteile für die Notfallversorgung auch in der Praxis umsetzen – und unseren satzungsgemäßen Auftrag erfüllen, den Rettungsdienst aus der Luft mit zukunftsweisenden Innovationen weiterzuentwickeln“, so Frédéric Bruder, Geschäftsführer ADAC Luftrettung.

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Juni 2022: Innovationspreis "Reallabore" – Wirtschaftsministerium zeichnet ADAC Luftrettung aus

Hohe Auszeichnung des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz für die fliegenden Gelben Engel: Das Forschungsprojekt „Multikopter im Rettungsdienst“ der gemeinnützigen ADAC Luftrettung wird mit dem Innovationspreis Reallabore ausgezeichnet. Die ADAC Luftrettung gewinnt den Preis in der Kategorie „Ausblicke“ für das weltweit erste Pilotprojekt zur Erprobung von Multikoptern im Rettungsdienst.

Oktober 2020: ADAC Luftrettung stellt erste Machbarkeitsstudie vor

Luftrettung mit bemannten Multikoptern ist möglich, sinnvoll und verbessert die notfallmedizinische Versorgung der Bevölkerung: Auf diesen Nenner lässt sich das Ergebnis der weltweit ersten Machbarkeitsstudie über den Einsatz von bemannten Multikoptern im Rettungsdienst bringen. Die rund 130 Seiten starke Studie war Ende 2018 von der ADAC Luftrettung, gefördert von der gemeinnützigen ADAC Stiftung, auf den Weg gebracht worden. Im Fokus des Forschungsprojektes in Kooperation mit der Firma Volocopter in Bruchsal und den Modellregionen Ansbach-Dinkelsbühl (Bayern) und Idar-Oberstein (Rheinland-Pfalz) stand die Frage: Kann das Rettungsdienstsystem mit dem Einsatz von Multikoptern als schneller Notarztzubringer verbessert und zukunftssicher aufgestellt werden?

Im Zuge der Forschungsarbeit kann nun erstmals ein einsatztaktischer Vorteil von Multikoptern im Rettungsdienst theoretisch belegt werden: Deutliche Verbesserungen für die Notfallversorgung ergeben sich laut Studie ab einem Einsatzradius von 25 bis 30 Kilometern. Die optimale Fluggeschwindigkeit des Multikopters sollte in diesem Fall bei 100 bis 150 km/h, die Mindestreichweite bei rund 150 Kilometern liegen.

Mit entsprechenden Multikoptern können Notärzte nicht nur schneller am Einsatzort sein, sondern auch deutlich mehr Patienten in einem größeren Versorgungsgebiet erreichen. Die Arbeit des Mediziners wird so effektiver und der Multikopter zu einem adäquaten Mittel im Kampf gegen den vielerorts herrschenden Notarztmangel. Das ist für die Macher der Studie die wichtigste Erkenntnis. Auch vor dem Hintergrund, dass sich die Notarzt-Eintreffzeit in den vergangenen 20 Jahren im Bundesdurchschnitt um fast 40 Prozent verschlechtert hat.

Positiver Nebeneffekt: Auch der Rettungshubschrauber kann noch effektiver eingesetzt werden, denn er fungiert heute in rund 60 Prozent der Fälle als reiner Notarztzubringer. Er kann stattdessen sein Potential als Transportmittel in weiter entfernte (Spezial-)Kliniken ausschöpfen. Auch dies verbessert die Notfallversorgung der Menschen.

Für die Studie hat das international renommierte Institut für Notfallmedizin und Medizinmanagement der Ludwig-Maximilians-Universität München (INM) in einer Makroanalyse für die Bundesländer Bayern und Rheinland-Pfalz Einsatzpotentiale des Multikopters ermittelt und in einer Mikroanalyse für zwei Modellregionen – auf Basis historischer Leitstellendaten – mehr als 26.000 Notfalleinsätze mit Multikoptern am Computer simuliert: für den Rettungsdienstbereich Ansbach mit dem Luftrettungsstandort Dinkelsbühl in Bayern sowie Idar-Oberstein in Rheinland-Pfalz. Durchgespielt wurden Szenarien mit unterschiedlichen Einsatzradien, Reichweiten und Geschwindigkeiten.

Die technische Machbarkeit wurde anhand eines VoloCity des Projektpartners Volocopter untersucht, da dieser Multikopter eine frühzeitige Marktreife erwarten lässt und mit 18 festverbauten Rotoren eine besonders hohe Ausfallsicherheit aufweist. Sein Vorteil gegenüber einem NEF ist laut Studie auf dem Land größer als in der Stadt. Im Vergleich zu einem Rettungshubschrauber ist der Multikopter leiser und emissionsärmer.

Zusätzlich wurde auch die Wirtschaftlichkeit untersucht: Einen kosteneffizienten Betrieb halten die Macher der Studie für möglich. Die Kosten dafür seien im Vergleich zum allgemein hohen Investitionsbedarf im Gesundheitswesen eher gering. In Deutschland kann auf Basis der Forschungsergebnisse und dem Stand der technischen Weiterentwicklungen bis zum Jahr 2050 ein flächendeckendes Netz von bundesweit bis zu 250 Multikopter-Stationen geschaffen werden.

„Der ADAC gehörte vor mehr als 50 Jahren zu den ersten in Deutschland, die den Einsatz von Rettungshubschraubern in einem Feldversuch getestet haben. Da ist es nur folgerichtig, dass wir nun die ersten sind, die die Luftrettung in Deutschland mit neuen Technologien in die Zukunft führen“, Frédéric Bruder, Geschäftsführer der gemeinnützigen ADAC Luftrettung. Der Testbetrieb ist in den bisherigen zwei Modellregionen geplant.