Standortjubiläum für „Christoph 15“
Mehr als 58.600 Flüge und 254 Windenrettungen – das ist die eindrucksvolle Bilanz des Straubinger Hubschraubers „Christoph 15“ zu seinem 45-jährigen Bestehen. Am 19. November 1977 hob eine nagelneue Maschine vom Typ BO 105 Bölkow –damals noch unter der Flagge des Bundesgrenzschutzes – das erste Mal vom Klinikum St. Elisabeth ab. Es war der Beginn der Luftrettung in Südostbayern. Als sich der Bund in den 90er Jahren mehr und mehr aus Kostengründen aus der Luftrettung zurückzog, wurde der Straubinger Stützpunkt neu ausgeschrieben. Den Zuschlag erhielt die gemeinnützige ADAC Luftrettung, die die damalige Boden-Station am 1. Dezember 1995 übernahm.
2014 wurde das neue Luftrettungszentrum auf dem Dach des Klinikums St. Elisabeth eröffnet. Seitdem starten die Hubschrauberbesatzungen aus 25 Metern Höhe zu ihren Einsätzen. Der Neubau mit einer Gesamtfläche von rund 1200 Quadratmetern war notwendig geworden, weil die Bodenstation geltenden Sicherheitsbestimmungen nicht mehr gerecht wurde. Zudem musste ein Patient zeitaufwendig aus dem Hubschrauber in einen Rettungswagen umgelagert und anschließend in die Notaufnahme gebracht werden. Dieser Zwischenschritt entfällt auf dem Dachlandeplatz, da der Zugang über einen separaten Aufzug möglich ist.
Am 10. August 1998 erfolgte ein Modellwechsel von der „BO 105“ auf eine moderne „EC 135“ des Herstellers Airbus Helicopters. Der Maschinen-Typ ist heute noch im Einsatz. Entscheidender Vorteil gegenüber früher sind insbesondere die deutlich geringeren Lärmemissionen durch den ummantelten Heckrotor. Die Ummantelung sorgt zudem für ein Plus an Sicherheit, da die drehenden Rotoren zu den größten Gefahrenquellen für Personen am Boden zählen. Die EC 135 erfüllt das Anforderungsprofil an „Christoph 15“ optimal: Der Hubschrauber eignet sich durch seine Wendigkeit für Notarzteinsätze, kann jedoch auch weite Strecken für Intensivverlegungen zurücklegen und bringt zudem genügend Leistung für Windenrettungen auf.
Seit dem Frühjahr 2018 ist der Straubinger Hubschrauber als eine von bundesweit sechs Maschinen der ADAC Luftrettung mit einer Rettungswinde ausgerüstet. Das anspruchsvolle Flugmanöver kommt unter anderem zum Einsatz, wenn ein akut erkrankter oder verletzter Patient aus unzugänglichem Gelände des Bayerischen Waldes gerettet und notfallmedizinisch versorgt werden muss.
So läuft das Verfahren ab: Nach einem Erkundungsflug tastet sich der Pilot so nahe wie möglich an die Einsatzstelle heran und lässt die Maschine ruhig in der Luft schweben. Gleichzeitig tritt der Notfallsanitäter – im Fachjargon „TC HEMS“ genannt (Technical Crew Member Helicopter Emergency Medical Services) – bei geöffneter Passagierraum-Seitentüre auf die Kufen und macht die Rettungswinde bereit, die wie ein verlängerter Arm seitlich nach außen ragt.
Kurze Zeit später seilt er den Notarzt sowie gegebenenfalls ein Bergwachtmitglied, das zur Unterstützung bei einer Zwischenlandung zugestiegen ist, zur Einsatzstelle ab. Nach der Erstversorgung des Betroffenen werden der Notarzt sowie der Patient in einem Bergesack wieder an Bord aufgenommen und der Rettungshubschrauber fliegt auf direktem Weg in die Klinik. Das Flugmanöver erfordert höchste Konzentration und wird zwei Mal jährlich zu Beginn der Sommer- und Wintersaison trainiert. Die Winde erlaubt aber auch Wasserrettungseinsätze. Bei dem Verfahren fasst der Notarzt nach dem Abseilen die in Not geratene Person mit Hilfe einer speziellen Schlinge und zieht den Betroffenen an Land.
Mehr über die Aufgaben der Crew-MitgliederDie Teams setzen sich aus Piloten der ADAC Luftrettung, Notärzten des St. Elisabeth-Klinikums sowie Notfallsanitätern des Bayerischen Roten Kreuzes zusammen. „Mein ausdrücklicher Dank geht an alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die tagtäglich mit vollem Elan und höchster Professionalität Menschenleben retten, sowie an alle Partner-Organisationen und Unterstützer für die seit Jahrzehnten enge, vertrauensvolle Zusammenarbeit“, betont der Geschäftsführer der ADAC Luftrettung, Frédéric Bruder.
Allein im vergangenen Jahr wurde „Christoph 15“ 1.775-mal alarmiert. 1.503 Alarme (84,7 Prozent) waren so genannte „Primäreinsätze“: In diesen Fällen hatte der Hubschrauber die reine Funktion des Notarztzubringers oder die Crew übernahm neben der Behandlung zusätzlich den Transport in die Klinik. 118 Einsätze (6,6 Prozent) waren Sekundärtransporte, bei denen ein Patient von einem Krankenhaus niedrigerer Versorgungsstufe in ein Spezialklinikum mit erweiterten Therapiemöglichkeiten gebracht wurde. 154 Flüge waren sonstige Einsätze oder es war kein Eingreifen nötig. „Christoph 15“ ist täglich von Sonnenaufgang (frühestens 7 Uhr) bis Sonnenuntergang einsatzbereit und wird von der Integrierten Leitstelle Straubing alarmiert.
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